Radklimatest 2020, Ergebnisse
So haben Suhl und Umgebung im Radklimatest abgeschlossen.
Seit 2012 wird Suhl beim ADFC Fahrradklimatest bewertet. Damals lag die Note bei erstaunlichen 3,72 - was immerhin dem Durchschnitt aller in die Bewertung gekommenen deutschen Städte entsprach.
Seitdem hat sich in Suhl leider sehr wenig getan, die Bedingungen für Radfahrer zu verbessern. So ist es nicht verwunderlich, dass Suhl 2018 mit 48 Teilnehmern die Mindestzahl von 50 für die offizielle Bewertung knapp verfehlte. Die inoffizielle Note von 3,99 bestätigte diesen Eindruck. Damit setzte sich der Abwärtstrend fort, der sich schon 2016 mit einer Note von 3,78 abzeichnete.
Im Corona-Jahr 2020 ist das Radfahren auch in Suhl populärer geworden. Durch den Boom von E-Bikes und Pedelecs ist auch bei den Suhler Bürgern das Interesse am Radfahren gestiegen. Beim Fahrradklimatest 2020 nahmen 162 Radfahrer teil, so viele wie noch nie.
Die Ergebnisse der Befragung sind allerdings beschämend für unsere Stadt: Auf der Schulnotenskala von 1 bis 6 erreichte Suhl einen Durchschnitt von 4,1. Inzwischen hat Suhl in der Bewertung das schlechteste Drittel vergleichbarer Städte erreicht. Allerdings fiel bei der Bewertung auf, dass die Antworten überdurchschnittlich weit gestreut sind. Das ist möglicherweise auf die unterschiedliche Fahrradnutzung zurückzuführen – nur ein relativ geringer Teil der Radfahrer radelt auch im Alltag, viele sind bisher fast nur in der Freizeit mit dem Rad unterwegs.
Da kaum Radwege vorhanden sind, wird insbesondere das Fahren im Mischverkehr kritisiert. Das könnte auch der Grund sein, dass immer noch zu wenige Suhler auf das Rad umsteigen, vor allem Kinder und ältere Bürger. Eine weitere Schwäche von Suhl ist, dass seitens der Verwaltung der Radverkehr nicht ausreichend unterstützt wird.
Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise die Stadt Ilmenau. Ilmenau verbesserte sich von 3,56 im Jahr 2012 auf 3,41 beim letzten Test. Vielleicht können die Suhler Stadtverwaltung und Stadträte mit der Nachbarkommune in Erfahrungsaustausch treten unter dem Motto: „Abgucken erwünscht“.
Vergleichsweise schlecht schneidet Suhl bei der Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung ab. Dabei wäre dies eine schnell zu realisierende und kostengünstige Alternative zum Radwegebau. Da sind andere Städte, z. B. Arnstadt (Note 3,36) wesentlich pragmatischer.
Natürlich macht es die bergige Lage von Suhl und den meisten ihrer Nachbarkommunen im Thüringer Wald dem Radfahrer nicht leicht. Aber mit einem immer höheren Anteil von Fahrrädern mit elektrischer Unterstützung nimmt auch in Suhl die Anzahl von Alltags- und Freizeitradlern zu. Mit einer intakten Radinfrastruktur einschließlich Fahrradverleih und der Ladeinfrastruktur könnte Suhl als Kurort auch im Bereich des Tourismus vom Trend zu Elektrorädern profitieren.
Aus der Not eine Tugend zu machen, ist eine der wenigen Stärken unserer Stadt. So können Radfahrer durch die Freigabe der Fußgängerzone das Stadtzentrum und die dortigen Geschäfte gut erreichen und die wenigen vorhandenen Radwege sind breiter als in vergleichbaren Orten. Oder man deutet die Not als Tugend: Wo kein Radweg ist, kann auch kein Falschparker das Auto regelwidrig abstellen und wo wenige Fahrräder benutzt werden, ist auch die Diebstahlrate geringer.
Trotz aller Mühsal beim Alltagsradeln in Suhl, macht wohl den meisten das Radeln hier mehr Spaß als Stress. Das mag sicherlich an der herrlichen Umgebung unserer Stadt inmitten der Thüringer Berge liegen, ein Eldorado für viele Freizeitradler und Mountainbiker die abseits stark befahrener Ortsverbindungs- und Durchgangsstraßen an frischer Luft im Grünen ihre Fitness und ihr Wohlbefinden steigern und etwas für ihre Gesundheit tun.